Krisenbewältigung, ja bitte – aber wie?
Ein Rezept für die Liquiditätssicherung

Die wirtschaftliche Lage der Hotellerie und Gastronomie verschlechtert sich im Zeichen der Corona-Krise zunehmend und führt viele klein- und mittelständische Betriebe in eine noch nie dagewesene Notsituation. Die Politik überschlägt sich mit Rettungsmaßnahmen, mit der Umsetzung ist der Gastronom und Hotelier jedoch auf sich allein gestellt. Daher finden Sie hier einen Leitfaden für den Umgang mit der Krise und den öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen.
Kurzarbeitergeld, Liquiditätshilfen, Ausfallbürgschaften, Steuerstundung oder Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sind die viel diskutierten Schlagworte der wirtschaftlichen Krisenbewältigung. Schlagworte, welche im praktischen Umgang für den klein- und mittelständischen Hotelier und Gastronomen „Böhmische Dörfer“ sind und auch bei vielen Steuerberatern zu Stirnrunzeln führt.
Die wichtigste Frage in der Notsituation ist: Wie kann ich die Liquidität meines Unternehmens in der Krise und darüber hinaus sicherstellen?
Neben Sofortmaßnahmen, welche häufig für die Überbrückung einer kurzen Krise ausreichend sind, müssen im Fall der Corona-Krise auch Maßnahmen für eine nachhaltige Bewältigung einer länger anhaltenden Krise ergriffen werden.
MÖGLICHE SOFORTMASSNAHMEN
Umgang mit Stornierungen
- Versuchen Sie Ihre Stornokonditionen durchzusetzen und halten Sie alle Stornierungen akribisch fest. Nur so ist es möglich ihren Umsatzausfall gegenüber potentiellen Finanzierungspartnern bestmöglich zu dokumentieren.
Ergänzende Umsatzpotentiale
- Prüfen Sie die Möglichkeiten ergänzende Umsatzpotentiale zu generieren. Das Delivery-Geschäft kann in Zeiten beschränkter Öffnungszeiten oder auch Zwangsschließungen eine erträgliche Umsatzquelle sein, was vor allem für den großstädtischen Raum gilt. Zu prüfen ist auch die Möglichkeit des Take-Away-Geschäftes. Hilfestellungen für die Produktauswahl, das richtige Verpackungsmaterial und die Einhaltung der Hygienevorschriften erhalten Sie von CHEFS CULINAR.
Reduzierung des Mitarbeiterstamms
- Eine sehr schwierige, jedoch in Krisenzeiten unumgängliche Maßnahme, welche das Ziel haben muss, Schlüsselpositionen weiterhin qualitativ adäquat zu besetzen und einen Mitarbeiterstamm zu halten, mit welchem der Betrieb jederzeit wieder hochgefahren bzw. an den Start gebracht werden kann.
Bevor Sie Mitarbeiter entlassen, führen Sie die zu leistenden Arbeitssunden auf das Notwendigste zurück. Nehmen Sie – soweit möglich - betriebsbedingte Änderungskündigungen zur Reduzierung der vereinbarten Arbeitszeit vor. Bauen sie Überstunden und Urlaubsansprüche weitestgehend sofort ab, was auch eine Bedingung für die Beantragung von Kurzarbeitergeld sein kann.
Beantragung von Kurzarbeitergeld (KuG)
- Wenn es Ihnen wegen der Ausfälle von Arbeit nicht möglich sein sollte, Löhne zu zahlen oder absehbar ist, dass die Lohnzahlung nicht vollständig möglich sein wird, empfiehlt es sich, frühzeitig Kurzarbeitergeld (KuG) zu beantragen. Der Bundestag hat am 13. März 2020 Änderungen für Kurzarbeitergeld beschlossen. Diese gelten bis zum 31. Dezember 2021. Neu ist, dass es genügt, dass 10 Prozent der Beschäftigten (bisher 1/3) vom Arbeitsausfall/Entgeldausfall betroffen sind. Die maximale Förderdauer beträgt 12 Monate, kann aber auf bis zu 24 Monate verlängert werden. Neu ist weiterhin, dass der Staat die Sozialbeiträge für die Ausfallstunden mitträgt.
- Soll Kurzarbeit beantragt werden, so müssen Sie zuerst die Mitarbeiter informieren. Dann wird eine Vereinbarung mit allen Mitarbeitern (zustimmungspflichtig) oder falls vorhanden mit dem Betriebsrat geschlossen. Dann kann der Antrag bei der zuständigen Arbeitsagentur eingereicht werden. Die Beantragung kann rückwirkend zum 01. März erfolgen. Weitere Infos zur Kurzarbeit finden Sie unter: https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld
Energievorauszahlungen anpassen
- Bei festen Energievorauszahlungen sollten Sie auf Ihren Energieversorger zugehen und die Vorauszahlungen auf ein Mindestmaß reduzieren. Hier reicht häufig ein Anruf aus.
Steuervorauszahlungen anpassen / Steuerschulden stunden
- Passen Sie gemeinsam mit Ihrem Steuerberater die Steuervorauszahlungen an den zu erwartenden Minderumsatz- und Minderertrag an. Derzeit vorhandene Steuerschulden können gestundet werden.
Pachtstundung oder -aussetzung
- Verhandeln Sie mit Ihrem Verpächter die Möglichkeit einer Pachtaussetzung oder Pachtstundung. Die meisten Verpächter sind in Zeiten der Corona-Krise zu Zugeständnissen bereit und verlieren nur ungern einen bisher solventen Partner.
- Die Bundesregierung steht hier in Überlegungen zur Auflage eines Sonderfonds, welcher auch Pachtzahlungen übernehmen soll. Die Voraussetzungen und die Höhe werden voraussichtlich in den nächsten Tagen bekannt gegeben.
Tilgungsaussetzung / Darlehensstreckung
- Verhandeln Sie mit Ihrer Bank die Möglichkeit einer Tilgungsaussetzung bzw. einer Darlehensstreckung. Dies ist bei guter Gesprächsvorbereitung in Zeiten von Corona deutlich einfacher umsetzbar.
Vorübergehende Schließung des Betriebes
- Eine liquiditätsschonende Maßnahme kann auch eine geplante Schließung des Betriebes über einen begrenzten Zeitraum von 1 bis 2 Monaten sein. Diese sollte allerdings in Zusammenarbeit mit einem Fachberater und/oder dem Steuerberater gut vorbereitet und durchgerechnet werden und bedarf weiterer begleitender Maßnahmen (siehe auch Krisenplan im Folgenden).
Entschädigung aus der Betriebsschließungsversicherung
- Prüfen Sie Ihre Betriebsschließungs- respektive Betriebsunterbrechungsversicherung auf eine mögliche Infektionsschutzklausel, welche die Voraussetzung für eine mögliche Versicherungsentschädigung darstellt.
Neben diesen Sofortmaßnahmen werden von Seiten der Landesregierungen ab 18. März erste Soforthilfe-Programme als Liquiditätszuschüsse in Abhängigkeit zur Mitarbeiterzahl ausgegeben. In Bayern z.B. richtet sich dieses Förderprogramm an Freiberufler, Selbstständige, kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Die Soforthilfe wird gestaffelt und soll schnell und unbürokratisch ausbezahlt werden. Die Staffelung: bis fünf Mitarbeiter 5.000 €, bis zehn Mitarbeiter 7.500 €, bis 50 Mitarbeiter 15.000 €, bis 250 Mitarbeiter 30.000 €.
MASSNAHMEN ZUR NACHHALTIGEN LIQUIDITÄTSSICHERUNG
Krisenplan
- Zur nachhaltigen Liquiditätssicherung ist ein Krisenplan bzw. eine „Positive Fortführungsprognose“ erforderlich, welchen Sie gemeinsam mit einem Fachberater oder Ihrem Steuerberater erstellen sollten.
- Dieser ist lt. aktuellem Stand die Grundlage für die Beantragung der „unbegrenzten Kredite“ aus den öffentlichen Finanzierungstöpfen (siehe Folgende), welche die Regierung den Unternehmern zugesagt hat.
Die positive Fortführungsprognose sollte inhaltlich wie folgt aufgebaut werden:
Darstellung der konzeptionellen Ist-Situation
- Betriebstypus / Konzeptausrichtung
- Kapazitäten
- Angebotskonzept / Preispolitik
- Kernkompetenz / Marktpositionierung
Darstellung der ökonomischen Ist-Situation
- GuV / BWA der letzten 3 Jahre
- Leistungsfähigkeit über die prägenden Kennzahlen
- Bilanzen 2017/2018 / Finanzierungsstruktur / Kapitaldienst
Maßnahmenplan mit ökonomischen Auswirkungen
- Maßnahmen zur Umsatzstabilisierung
- Maßnahmen zur Kostensenkung
- Maßnahmen zur Liquiditätssteigerung
Budget- und Liquiditätsplan für die nächsten 12 Monate
bzw. bis zur Krisenüberwindung
Ermittlung des zusätzliche Liquiditätsbedarfes zur Krisenüberwindung
Darstellung der nachhaltigen Kapitaldienstfähigkeit
Ein Tipp: Die positive Fortführungsprognose sollte im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung aufgebaut werden und von einer länger andauernden Krisenbewältigung ausgehen.
Aktuelle Förderprogramme – „unbegrenzte Kredite“
Aktuell gibt es vier Möglichkeiten für Hoteliers und Gastronomen, mit denen der Staat sie unterstützt, wenn sie in Schieflage geraten sind und Liquiditätshilfen benötigen:
1.) KfW-Unternehmerkredit (Universalkredit) oder der Gründerkredit
- Voraussetzung für den Unternehmerkredit ist, dass die Gastronomen ihr Unternehmen bereits seit mehr als fünf Jahren am Markt haben. Haben sie das Unternehmen noch nicht so lange, können sie den ERP-Gründerkredit beantragen. Für beide Förderungsformen müssen die Gastronomen und Hoteliers einen Antrag bei ihrer Hausbank stellen. Das mögliche Finanzierungsvolumen beläuft sich auf bis zu 200 Mio. € bei tilgungsfreien Anlaufjahren, einem Zinssatz ab 1,0 % und Laufzeiten zwischen 5 und 15 Jahren. Die Darlehen können zu 80,0 % haftungsfrei gestellt werden. Weitere Informationen dazu finden Gastronomen und Hoteliers auf der Website der KfW unter: https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unternehmen/Unternehmen-erweitern-festigen/Finanzierungsangebote/KfW-Unternehmerkredit-Fremdkapital-(037-047)/
2.) Spezielle Landesförderprogramme über die die Förderinstitute der Bundesländer
- Hier bekommen Gastronomen und Hoteliers Betriebsmittelfinanzierungen zu günstigen Zinsen. Informationen zu den einzelnen Programmen bietet das Bundeswirtschaftsministerium in seiner Förderdatenbank an: https://www.foerderdatenbank.de/FDB/DE/Home/home.html
3.) Beteiligungsfinanzierungen über die Förderinstitute der Bundesländer
- Das Land beteiligt sich in Krisenzeiten für einen begrenzten Zeitraum an den in Schieflage geratenen Unternehmen mit zinsgünstigen Krediten, welche zudem in den ersten Jahren tilgungsfrei sind. Diese sogenannten Mezzanin- oder Mikromezzanin-Kredite können meist direkt bei der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft beantragt werden und unterliegen damit nicht dem Hausbankprinzip. Am Beispiel von NRW ist die Kapitalbeteiligungs-gesellschaft für die mittelständische Wirtschaft (www.kbg-nrw.de), welche sich mit bis zu 150,0 T€ für 10 Jahre – bei 8 tilgungsfreien Jahren - an dem jeweiligen Unternehmen beteiligt.
4.) Ausfallbürgschaften der Bürgschaftsbanken
- Zuletzt können Gastronomen Bürgschaften für Betriebsmittelkredite und von Ausfall bedrohten Krediten beantragen. Hier geht es um Bürgschaften von bis zu 2,5 Mio. €, welche über die Hausbank bei den Bürgschaftsbanken der Länder beantragt werden können.
- Voraussetzung für die Beantragung ist die positive Fortführungsprognose. Hier müssen sie unter anderem angeben, in welcher Höhe sie eine Förderung benötigen und um welches Vorhaben es sich im Detail handelt: https://finanzierungsportal.ermoeglicher.de/
- Das konkrete Vorgehen in Zeiten der Corona-Krise finden Sie am Beispiel der Bürgschaftsbank NRW hier: https://www.bb-nrw.de/de/aktuelles/news/detail/Corona-Virus-Information-fuer-Kreditinstitute/
Bei allen Krediten der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) sowie auch bei den meisten Landesförderprogrammen gilt das Hausbankprinzip - heißt die Kredite müssen über die Hausbank beantragt werden. Der Vorteil der öffentlichen Finanzierungsprogramme liegt neben tilgungsfreien Anlaufjahren in Zinsbegünstigten Konditionen. Zu beachten gilt jedoch, dass die öffentlichen Kredite bisher einem risikogerechten Zinssystem - berechnet nach der Ausfallwahrscheinlichkeit - unterliegen. Hier gehen wir davon aus, dass dieses kurzfristig durch die Bundesregierung ausgesetzt wird.
Darüber hinaus werden aktuell weitere staatliche Fördermöglichkeiten in Form von KfW-Sonderprogrammen und Nothilfefonds vorbereitet. Aktuelle, umfangreiche Informationen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu den Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen finden Sie hier: https://www.bmwi.de
Abschließend sei noch ein wichtiger Hinweis in Bezug auf die Insolvenzantragspflicht für alle Kapitalgesellschaften und hier vor allem der im Gastgewerbe beliebten Gesellschaftsform der GmbH erlaubt. Die Bundesministerien der Justiz und für Verbraucherschutz haben die gesetzliche Regelung zur Insolvenzantragspflicht für durch die Corona-Epidemie geschädigte Unternehmen bis zum 30. September ausgesetzt, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten sind.
Für weitere Fragen sowie eine weiterführende Beratung stehen Ihnen die Experten der CHEFS CULINAR Consulting gerne zur Verfügung. Die telefonische Beratung wird von CHEFS CULINAR in Zeiten der Corona-Krise kostenfrei durchgeführt. Gerne unterstützen wir Sie auch bei der Erstellung einer individuellen Fortführungsprognose.

Klaus Ommer liebt an der Gastronomie ihre Lebendigkeit und unendliche Vielfalt. Der ausgebildete Restaurantfachmann, Koch und staatlich anerkannte Betriebswirt arbeitete mehr als 20 Jahre als Partner in einer renommierten Unternehmensberatung für die Hotellerie und Gastronomie, bevor er die Leitung der Consulting in eben diesem Bereich bei CHEFS CULINAR übernahm.