Das Einfühlungsverhältnis

Unverbindliches Kennenlernen

Interessenten haben beim Einfühlungsverhältnis die Möglichkeit  hinter die Kulissen zu schauen Bei einem Einfühlungsverhältnis hat der Arbeitgeber einiges zu beachten

Bei einem Einfühlungsverhältnis erhält ein Interessent die Gelegenheit, noch vor Abschluss eines Arbeitsvertrages einen möglicherweise in Frage kommenden Arbeitsplatz durch einen Blick hinter die Kulissen unverbindlich kennenzulernen. Es handelt sich um eine Art verlängertes Bewerbungsverfahren, während dessen sich der Interessent privat "hinter den Kulissen" im Betrieb aufhält, an das Hausrecht gebunden ist, sonst aber keinerlei Weisungen zu befolgen hat. Ein Einfühlungsverhältnis sollte die Dauer weniger Tage, höchstens einer Woche, nicht überschreiten.

Der Vorteil für den möglichen Arbeitgeber besteht darin, unverbindlich eine erste Einschätzung von der charakterlichen Eignung des Interessenten vornehmen zu können. Zur Abgrenzung von einem melde- und vergütungspflichtigen Probearbeitsverhältnisses ist alles zu unterlassen, was den Anschein eines arbeitgeberseitigen Direktionsrechts erweckt. Will der spätere Arbeitgeber die Fähigkeiten und Qualifikationen des Interessenten prüfen, kann eine echte Erprobung im Rahmen eines Einfühlungsverhältnisses kaum stattfinden.

Im Einfühlungsverhältnis oder schon Arbeitnehmer Interessenten, die arbeiten wie ein Arbeitnehmer, sind auch so zu behandeln

Wann gilt der Interessent als ein Arbeitnehmer?


Wer arbeitet wie ein Arbeitnehmer, ist grundsätzlich auch so zu behandeln. Wer Arbeitnehmer ist, regelt § 611a BGB. Die Beweislast für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses hat die Partei, die sich darauf beruft. Macht der Interessent bzw. der Sozialversicherungsträger geltend, es läge ein Arbeitsverhältnis vor, ist dieses beweispflichtig.
Vor einer "sportlichen" Betrachtung sei jedoch gewarnt. Handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis, sei es auch nur zur Probe, so wäre eine Vereinbarung, dass der Interessent sich im Betrieb "unverbindlich umsieht", unwirksam. Als mögliche Folge läge dann unter anderem ein in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor, somit läge in sofortmeldepflichtigen Branchen, wie etwa der Hotellerie und Gastronomie, ein Sofortmeldepflichtverstoß vor! Außerdem bestünde Anspruch auf angemessene Vergütung, mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes. Zudem kann auch der Straftatbestand des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen erfüllt sein.

Beim Einfühlungsverhältnis ist die Privatperson über ihre Krankenversicherung abgesichert Es gelten Besonderheiten beim Unfallversicherungsschutz

Mögliche Haftung des Unternehmers im Falle eines Unfalls


Im Falle eines Unfalls ist der Interessent während des Einfühlungsverhältnisses Privatperson, und somit im Falle einer Erkrankung grundsätzlich nur über seine Krankenversicherung abgesichert.

Besonderheiten gelten im Falle eines Unfalles für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz, falls der Interessent tätig wurde. Der Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung setzt nicht voraus, dass ein Arbeitsverhältnis oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis besteht. In der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind auch Personen, die "wie Beschäftigte tätig" werden, vgl. § 2 Abs. 2 SGB VII. Entscheidend ist "allein, ob die Tätigkeit nach den tatsächlichen Verhältnissen noch dem privaten Lebensbereich des potentiellen Beschäftigten zuzurechnen ist oder bereits als eine im Wesentlichen dem Unternehmen dienende Tätigkeit zu bewerten ist", SG Berlin, 26.10.2012, S 67 U 708/09.

Entpuppt sich das Einfühlungsverhältnis als verdecktes Probearbeitsverhältnis, ist im Falle eines Unfalls also Vorsicht geboten. Unternehmer, die durch Schwarzarbeit bewirken, dass Unfallversicherungsbeiträge nicht ordnungsgemäß entrichtet werden, haften den Unfallversicherungsträgern für die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind, vgl. § 110 Abs. 1a SGB VII. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a SGB IV bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

Sollte der Interessent arbeitslos sein und Leistungen der Bundesagentur für Arbeit beziehen, kann bei der Agentur für Arbeit vorab angefragt werden, ob diese mit der Durchführung eines Einfühlungsverhältnisses einverstanden ist. Wird die Schnupperphase auf deren Veranlassung durchgeführt, besteht Unfallversicherungsschutz, vgl. LSG NRW, 16.2.2000, L 17 U 290/99.

Das Einfühlungsverhältnis kann zur Beschäftigungsaufnahme führen Ein Einfühlungsverhältnis kann leicht in eine Beschäftigung umschlagen

Sofortmeldepflicht


Das Einfühlungsverhältnis ist kein Beschäftigungsverhältnis. Es unterliegt nicht der Sofortmeldepflicht. Das unverbindliche Kennenlernen kann jedoch im Handumdrehen in eine Beschäftigung umschlagen. Ist eine Beschäftigung am Tag des Kennenlernens nicht mit Sicherheit auszuschließen, könnte vorsorglich eine Sofortmeldung abgesetzt werden, damit diese spätestens bei Beschäftigungsaufnahme auch tatsächlich erfolgt ist. Wird festgestellt, dass die Meldung nicht zu erstatten war, ist sie unverzüglich zu stornieren.