Glücksbringer und Seelenwärmer in einem

Kennen Sie Springerle? Wenn Sie aus dem Schwabenland stammen, vermutlich schon. Falls nicht, lernen Sie hier etwas ganz Feines kennen.

 
Anis-Springerle

Was sind Springerle?

Springerle haben ihren Ursprung im schwäbisch-alemannischen Raum. Sie finden sich unter verschiedenen Namen in den jeweiligen Regionen wieder. In Schwaben nennt man sie Springerle, in München „Eiermarzipan“, in der Schweiz „Änisbrötli“. Aber überall gilt: Das traditionelle Festtags-Gebäck besteht aus einem Anis-Eierschaum-Teig und gehört wie Spekulatius zum Bildgebäck. In früheren Zeiten haben die Süddeutschen Springerle sowohl an kirchlichen Feiertagen, wie z. B. Ostern und Weihnachten, als auch zu familiären Festen, wie Hochzeiten und Taufen, gebacken. Das hübsche und reinweiße Gebäck wurde gerne als wertvolles Geschenk übergeben. Heute ist es fast nur noch in der Advents- und Weihnachtszeit erhältlich. Das Hauptmerkmal der Springerle liegt in den detailreichen Verzierungen der Motive, die durch eine aufwendige Herstellung entstehen.

Backform namens Modeln für Springerle

Für eine erfolgreiche, glückliche Zukunft

Wann Springerle das erste Mal gebacken oder wieso sie erfunden wurden, ist unbekannt. Modeln – das „o“ wird lang ausgesprochen – aus Stein, Metall, Keramik oder Holzexistieren mindestens seit dem Mittelalter und dienen dazu, Gebäck mit Bildern zu versehen. Den Ausgangspunkt nahm die Entwicklung in der kirchlichen Hostienbäckerei. Das ist auch der Grund, warum die ersten Springerle-Motive kirchliche Hintergründe zeigten – vor allem weihnachtliche und österliche Motive. Im 17. und 18. Jahrhundert setzten sich letztlich auch weltliche Motive durch. Vor allem Themen wie Glück, Liebe und Fruchtbarkeit waren bis zum 19. Jahrhundert sehr beliebt. Modeln aus dieser Zeit zeigen beispielsweise modisch gekleidete Damen, geschmückte Reiter, Liebeskutschen sowie Fruchtbarkeits- und Liebessymbole.

Zutaten für Springerle

Backe, backe, Kuchen

Die Zutatenliste für Springerle ist kurz: Eier, Puderzucker und Mehl. Manche Bäcker verwenden ein wenig Hirschhornsalz als Treibmittel. Der Teig wird für einige Stunden kaltgestellt, bevor er zu einer 0,5 bis 1 cm dicken Platte ausgerollt wird. An diesem Punkt kommt das Model ins Spiel. Modeln bestehen meist aus Birnenholz, da es besonders hart und splitterarm ist. In das Holz werden feine Motive hineingeschnitzt, sodass, wenn man ein Model auf die Teigplatte drückt, Motive auf die Plätzchen gedrückt werden. In früheren Zeiten gehörte das Modelstechen zum Handwerk der Konditoren und Zuckerbäcker. Heute werden moderne Model mit Hilfe von Fräsen hergestellt.

Springerle schneiden

Alemannisches Adventsgebäck

Wenn der ausgerollte Teil vollständig mit Motiven verziert ist, werden die einzelnen Springerle ausgeschnitten und auf ein mit Butter gefettetes sowie mit Anis bestreutes Backblech gelegt. Je nach Größe haben die einzelnen Motive nun zwischen 12 und 24 Stunden Zeit zu trocknen. Die Bilder haben dadurch genügend Zeit, eine feste Oberfläche zu entwickeln, damit sie beim Backen nicht einreißen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Plätzchen von unten nicht austrocknen.

Gebacken wird bei 130 bis 140 °C und Oberhitze. Das sorgt dafür, dass die Plätzchen auf etwa doppelte Höhe wachsen und die sogenannten Füßchen ausbilden. Es wird gemunkelt, dass auf den Füßchen der Ursprung des Namens beruht:

Springerle ist die süddeutsche Verniedlichung von Springer. Der Name beruht entweder auf dem frühen, beliebten Motiv eines Reiters oder auf dem Aufspringen bzw. Aufgehen beim Backvorgang.

Wertvolles Gebäck für die Oberklasse

Im Mittelalter waren die Zutaten für Springerle allesamt hochpreisig. Auch die aufwendige Herstellung sorgte dafür, dass Springerle ausschließlich dem Adel und den hohen kirchlichen Würdenträgern vorbehalten waren. Als dann Mitte des 19. Jahrhunderts die industrielle Massenherstellung von Zucker Fahrt aufnahm, wurden auch Springerle günstiger, sodass auch die breite Bevölkerung in den Genuss der Plätzchen kam.

Sternanis

"Anis erfreut die Seele"

Seit Jahrtausenden wissen Menschen um die heilenden Wirkungen von Anis. Auch Hildegard von Bingen kannte die positiven Eigenschaften des Gewürzes – von ihr stammt das Zitat „Anis erfreut die Seele.“ Den Ursprung hat Anis im südöstlichen Mittelmeerraum und in Asien. Mönche und Nonnen brachten das Gewürz von ihren Reisen mit nach Mitteleuropa. So schließt sich der Kreis, warum Springerle zunächst mit kirchlichen Motiven verziert und zu den christlichen Festen gebacken wurden.