Rückstellproben

Verantwortliche in Großküchen sind sich zu diesem Thema oft unsicher

Paragraph als Symbol zum Gesetz für Rückstellproben in der GV Zu Rückstellproben gibt das Gesetz nur wenig Konkretes vor

Manche Lebensmittelkontrolleure sind der Meinung, dass sie den Betrieben konkrete Vorgaben zu Rückstellproben machen können. Doch die bisherige Regelung wurde im März 2016 aus der Tierischen Lebensmittelhygiene-Verordnung gestrichen. Die Meinung, dass "von allen selbst produzierten Speisen eine Rückstellprobe genommen werden muss", ist bei genauerem Hinsehen nur eine Empfehlung. Der Lebensmittelkontrolleur kann dies also gar nicht so von Ihnen fordern!

Die Rechtslage – mal Pflicht und mal Freiwilligkeit

Der Gesetzgeber ist sich offenbar nicht wirklich im Klaren darüber, wie er Rückstellproben regeln soll. Anders ist das mehrfache Hin und Her nicht zu erklären.

  • 1994: Durch die neugeschaffene Hühnerei-Verordnung musste von roheihaltigen Speisen dann eine Rückstellprobe genommen werden, wenn diese nicht weiter erhitzt wurden und auch nur dann, wenn man mehr als 30 Portionen produzierte. Doch roheihaltige Speisen, die nicht erhitzt wurden, gab es in Krankenhaus- und Seniorenheimküchen gar nicht! Diese waren durch die gleiche Verordnung verboten. Die Rückstellprobenpflicht war also nur eine Regelung für die Gastronomie, z. B. im Bankettgeschäft oder bei Festen.
  • 2003: Die Hühnerei-Verordnung wurde in die Eier- und Eiprodukte-Verordnung überführt.
  • 2007: Die Rückstellprobenpflicht wurde aus der Eier- und Eiprodukte-Verordnung gestrichen.
  • 2010: In der Tierischen Lebensmittelhygiene-Verordnung wurde der § 20a aufgenommen, der Rückstellproben wieder gesetzlich regelt. Nun wurde festgelegt, dass Einrichtungen, die Menschen mit einem schwachen Immunsystem verpflegen, von roheihaltigen Speisen eine Rückstellprobe nehmen müssen. Doch was waren das für Speisen? Meistens handelte es sich um das hartgekochte Frühstücksei oder um den selbst gebackenen Kuchen in einer Wohnbereichsküche. In der Großküche hatte sich pasteurisiertes Ei aus dem Tetrapack durchgesetzt, das nicht als rohes Ei gilt - hier mussten gar keine Rückstellproben genommen werden!
  • 2016: Am 08.03.2016 wurde die Regelung für Rückstellproben aus der Tierischen Lebensmittelhygiene-Verordnung wieder gestrichen.

DIN-Norm und Hygiene-Leitlinien bieten umfassende Empfehlungen

Heute werden Rückstellproben über eine DIN-Norm und 2 Hygieneleitlinien geregelt:

  • DIN 10526 in der aktuellen Version von 2017
  • Leitlinie "Gute Hygienepraxis in sozialen Einrichtungen" (2009)
  • Leitlinie "Gute Hygienepraxis in Zentralküchen" (2016)

Nachfolgend einige Eckpunkte, wie sie aktuell geregelt sind.

Komponenten:

  • DIN 51026: "Von jeder ausgegebenen bzw. kommissioniert abgegebenen und selbst hergestellten Speisenkomponente"
  • Leitlinie für soziale Einrichtungen: "Von allen selbst hergestellten, leicht verderblichen Lebensmitteln"
  • Leitlinie für Zentralküchen: "Von allen selbst hergestellten Lebensmitteln"

Während die DIN kaum verständlich ist, klingt die Leitlinie für Zentralküchen zu pauschal. Wir empfehlen hier, die Regelung der Leitlinie für soziale Einrichtungen zu verwenden.

Menge:

  • DIN 10526: mindestens 100 g bzw. 100 ml, bei erforderlicher Probenahme gemäß § 3a Zoonosen-Verordnung mindesten 150 g
  • Leitlinie für soziale Einrichtungen: eine Portion je Komponente (100 g)
  • Leitlinie für Zentralküchen: eine Portion je Komponente (150 g)

Bei der DIN ist auch hier schwer zu erkennen, wie die Regel sein soll. § 3a der Zoonosen-Verordnung nimmt Bezug auf Artikel 19 der EU-Verordnung 178/2002, der das Verfahren bei Rückrufaktionen regelt. Da Großküchen fast nie eine Rückrufaktion durchführen, bedeutet dies, dass die DIN 10526 weiterhin von 100 g ausgeht. Die deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie legt in ihren Standards jedoch vor, dass für Salate bis zu 145 g und für Desserts bis zu 165 g Probenmaterial benötigt wird. Aus diesem Grund kann hier nur die Empfehlung der Leitlinie für Zentralküchen von 150 g als aktuell angesehen werden.

Aufbewahrungsdauer:

  • DIN 10526: 7 Tage
  • Leitlinie für soziale Einrichtungen: 7 Tage
  • Leitlinie für Zentralküchen: 14 Tage

Wichig ist der Hinweis, dass die Rückstellproben im Falle eines aktuellen Ausbruchsgeschehens länger aufbewahrt werden sollten. War dies noch in der vorherigen Version der DIN 10526 aufgeführt, fehlt dies in der aktuellen Version. Aufgrund der Erfahrungen vergangener Infektionsausbrüche – z. B. Klinikum Fulda 2007 – kann hier nur eine Aufbewahrungsdauer von 14 Tagen empfohlen werden, wie es die Leitlinie für Zentralküchen beschreibt.

Weitere Empfehlungen:

  • Hygienische Arbeitsweise
  • Separate Lagerung der einzelnen Menükomponenten
  • Entnahme möglichst am Ende der Speisenausgabe
  • Dokumentation mit Namen der Komponente, der Person, Tag und Uhrzeit

Fazit:

Zurzeit gibt es keine gesetzliche Pflicht zu Rückstellproben. Allerdings sind Rückstellproben ein sehr gutes Beweismittel und sollten daher von Betrieben auf freiwilliger Basis durchgeführt werden.

Legt man den Fokus auf alle selbst hergestellten, leicht verderblichen Lebensmittel, so bedeutet das: Nicht nur das Mittagessen, sondern alle Mahlzeiten geraten in den Fokus. Denn auch beim Frühstück und Abendessen werden Speisen hergestellt, die mit Bakterien und Viren kontaminiert sein könnten. Insofern macht es Sinn, eine eigene Analyse durchzuführen und festzulegen, von welchen kritischen Komponenten Rückstellproben benötigt werden. Dabei sollte ein deutlicherer Fokus auf kalte Speisen gelegt werden, wie z. B. Desserts, Salate, selbst hergestellte Trinknahrung bzw. hochkalorische Shakes. Und im Seniorenheim dürfen die pürierten und passierten Komponenten nicht fehlen.

Dabei können Sie sich an der DIN 10526 und an 2 Hygieneleitlinien orientieren. Hier gilt es jedoch, genau hinzuschauen und sich die passenden Empfehlungen aus der jeweiligen Quelle herauszupicken.