Mehr Ästhetik auf dem Teller
Wie man Speisen effekt- und geschmackvoll inszeniert

Wie das geht? Das haben wir unseren Profikoch Lukas Eversmeier gefragt. Er hat uns nicht nur leicht umsetzbare Antworten darauf gegeben, sondern die Hinweise und Tipps auch gleich einmal vorgeführt. Es geht eben nichts über das Visuelle. Genau das ist auch Lukas‘ Grundsatz beim Anrichten: Das Auge isst mit. Daher seine Meinung: „Die Darstellung der Komponenten auf dem Teller gehört genauso untrennbar zum Kochen dazu wie das Vorbereiten und das Saubermachen im Nachgang“.
...und nicht nur das Auge isst mit! Einen Fokus auf das Anrichten von Speisen zu legen, hat laut Lukas gleich mehrere Gründe und Vorteile:
- das professionelle Anrichten erhöht die Abgrenzung gegenüber dem Zuhause-Essen oder Kellengerichten,
- effektvoll angerichtetes, „instagrammable“ Essen zahlt auf das Marketing ein, insbesondere wenn begeisterte Gäste Fotos schießen und diese mit anderen teilen,
- man kann seinen Gerichten mit bestimmten Anrichtestilen seine eigene Handschrift verleihen (hierzu haben wir später noch eine kleine Anekdote),
- hochwertig angerichtetes Essen legitimiert einen höheren Preis,
- den verwendeten Lebensmitteln wird Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegengebracht.

1. Grundprinzipien des Anrichtens
- Farben: Kontraste nutzen, um eine visuelle Spannung zu erzeugen. Ein grünes Gemüse, rote Sauce oder ein gelber Akzent heben sich gut von weißen Tellern ab.
- Texturen: Cremige, knusprige und saftige Elemente kombinieren, um optische und sensorische Abwechslung zu bieten.
- Proportionen: Auf ein ausgewogenes Verhältnis von Protein, Beilage und Gemüse achten. Weniger ist oft mehr, um einen eleganten Look zu erzielen.
- Zentralität: Der Fokus sollte auf einem zentralen Element liegen, z. B. dem Hauptbestandteil des Gerichts.
- Plattenrand: Den Tellerrand sauber halten, um ein aufgeräumtes Erscheinungsbild zu gewährleisten.

2. Anrichtetechniken
- Schichten: Elemente wie Pürees, Saucen und Proteine übereinander anordnen, um Höhe und Dimension zu schaffen.
- Spiegeltechnik: Sauce als Basis auf den Teller geben und die Hauptkomponenten darauf platzieren.
- Tropfen- und Linien-Technik: Mit einem Löffel oder einer Squeeze-Flasche Tropfen, Punkte oder Linien aus Sauce kreieren.
- Fächerform: Fleisch oder Gemüse in dünnen Scheiben leicht versetzt übereinanderlegen.
- Minimalismus: Weniger Elemente auf dem Teller platzieren, dafür gezielt Akzente setzen.
- Geometrie: Runde oder rechteckige Formen verwenden, um ein modernes Erscheinungsbild zu erzielen.

3. Tipps & Tricks
- Tellerwahl: Neutrale Farben (z. B. Weiß, Schwarz) oder dezente Muster wählen, die das Gericht in den Fokus rücken.
- Farbliche Akzente: Mikrokräuter, essbare Blüten oder dünne Gemüsechips verleihen jedem Teller ein elegantes Finish.
- Konsistenz von Saucen: Saucen sollten dick genug sein, um nicht zu verlaufen, aber geschmeidig genug, um präzise platziert werden zu können.
- Essbare Kunstwerke: Mit Lebensmittelfarbe oder Pulvern (z. B. Kurkuma, Aktivkohle) Akzente setzen.
- Symmetrie oder Asymmetrie: Symmetrische Anordnungen wirken elegant, asymmetrische kreativ und dynamisch.
- Mise en Place: Alle Komponenten vor dem Anrichten vorbereiten und schnell arbeiten, um die Frische zu erhalten.

4. Trends im modernen Anrichten
- Rustikaler Stil: Locker, mit Fokus auf Natürlichkeit, z.B. Brot oder Beilagen direkt auf Holzplatten anrichten.
- Minimalistischer Fine Dining Stil: Wenige, perfekt platzierte Elemente auf große Teller setzen.
- Naturinspiration: Speisen in Formen und Farben anrichten, die an die Natur erinnern (z.B. Blätter, Kieselsteine).
- 3D-Anrichten: Gerichte mit Höhe gestalten, z.B. durch das Stapeln oder Verwenden von Garnierungen wie Schaum.
Sollte ich schon vor dem Kochen wissen, wie ich später anrichte?
Lukas‘ Antwort: "Definitiv ja! Bereits beim Schreiben der Speisekarte und Zusammenstellen des Gerichtes sollte überlegt werden, wie man das Produkt am Ende präsentieren möchte“. Am besten stellt man sich folgende Fragen:
- Was für Teller (tief oder flach; welche Farbe)?
- Wie lassen sich die gewählten Beilagen zubereiten, um zusammen mit der Hauptkomponente eine stimmige Einheit auf den Teller zu bringen?
- Besitze ich Garnituren – und wenn ja, wie könnte ich diese einbinden?
Zudem empfiehlt Lukas, seine Ideen vorher zeichnerisch auf ein Blatt Papier zu bringen. So kann man sich die Proportionen besser vor Augen halten. Noch besser: zuvor einen Probeteller anrichten. „Wenn man genau weiß, wie alles angerichtet wird, kann man schon super Vorarbeit leisten und alles bereitstellen, damit es dann im laufenden Betrieb schnell geht", lautet sein Tipp. Mis-en-place und Vorlagen für Köche schaffen also Effizienz und nicht zu vergessen: eine gleichbleibende Qualität.
Aus dem Koch-Nähkästchen geplaudert
Manchmal muss man sich zu helfen wissen. Davon kann Lukas eine Geschichte erzählen: „Damit bei jedem Hauptgang die Soße beim Servieren nicht über den Teller läuft, habe ich früher Gemüsepürees in einem Kreis angerichtet – das sah vor allem auch gut aus. Damit das Anrichten einfacher von der Hand geht, habe ich dazu einfach einen Schallplattenspieler genommen", lacht Lukas. Das Ganze war dann eine beeindruckende Show für die Gäste und ist so gut angekommen, dass ich das öfters gemacht habe. „Erst haben wir darüber Musik abspielen lassen und später damit die Teller angerichtet – alles natürlich unter hygienisch einwandfreien Bedingungen." Ein Highlight, das den Gästen lange in Erinnerung blieb. "Für den gastronomischen Alltag empfehle ich aber die Nutzung eines Tortendrehtellers – aus praktischen und hygienischen Gründen", ergänzt Lukas.
Vielleicht hat nicht jeder das Fingerspitzengefühl, eine künstlerische Ader oder die Zeit und Geduld seine Gerichte höchst kreativ anzurichten. Lukas‘ Credo daher: „Jeder sollte sich die Mühe geben, die er im Stande ist zu leisten“ – In diesem Sinne: Ran an Pinzette, Dosierflasche, Fingerpalette und Co. und viel Freude beim Anrichten!
Haben Sie spannende Anrichtegeschichten aus Ihrem Profikoch-Leben zu erzählen? Dann schreiben Sie uns gerne Ihre persönliche Anekdote über Instagram. Wir sind gespannt!