Mal Rum probieren?
Kaum eine Spirituose ist so vielfältig im Glas – eine kleine Rum-Reise
Exotische Strände, Entspannung, Abenteuer und Piraten: Es gibt wohl kein Getränk auf dieser Welt, das mehr mit fantasievollen Bildern im Kopf verankert ist als Rum. Ob als Etikett oder Film, Cocktail oder Slipper: Rum fasziniert – und erlebt aktuell eine Wiedergeburt. Grund genug für uns, die Vielfalt dahinter mal durchzuprobieren. Doch bevor's losgeht, erst einmal ein paar Basics ...
Zuckerrohr-Ernte: Der Grundstoff für Rum wächst nur in wärmeren Ländern
Was ist eigentlich was?
Heißt es eigentlich Rum, Ron oder Rhum? Da gibt es tatsächlich keine einheitliche internationale Regelung. Wie welche Spirituose betitelt wird, hängt mit der Sprache in den Produktionsländern zusammen: Spanisch (etwa auf Kuba, in Panama oder auf den Philippinen), Französisch (Haiti oder Martinique) oder Englisch (Bahamas, Barbados oder Jamaika). In seiner ursprünglichen Form war Rum ein Destillat aus Zuckermelasse, ein Abfallprodukt der Zuckerproduktion. Er war extrem stark und wurde mit Wasser, Zitronen- oder Limettensaft (gegen Skorbut) und Kräutern verdünnt, um ihn genießbar zu machen. Der El Draque aus Jamaika, in Anlehnung an Sir Francis Drake, war wohl einer der ersten Cocktails der neuen Welt und führte zum weltbekannten Mojito aus Kuba.
Heute gibt es Rum in diversen Preisklassen mit zahllosen Alters- und Qualitätsunterschieden. Und nicht selten scheiden sich die Geister an Zugaben wie zusätzlicher Melasse oder Zuckercouleur. Auch das Solera-Verfahren (in dem aus dem ältesten Fass nur 30 Prozent verwendet werden und somit das finale Produkt ein Verschnitt aus mehreren Jahrgängen ist) wird diskutiert. Aber letztendlich kommt es ja auch darauf an, wie es im Glas mundet. Durchprobieren also. Los geht’s!
Würzige Grüße aus Kuba
Seit Kurzem gibt es in Deutschland einen Rum aus der Destilería Heriberto Duquesne auf Kuba, den Ron Vacilón. Drei Jahre im Eichenfass gereift, würzig, mit feinen fruchtigen Untertönen und deutlich milder als die bekannten Marken, eignet er sich (durch das junge Alter) perfekt zum Mixen von Cocktails. Der Ron Vacilón Añejo 3 Años hatte mich pur (und zunächst in einem Mojito) derart begeistert, dass ich wissen wollte, wie sich vier weitere Jahre im Eichenfass bemerkbar machten. Also greife ich zum Ron Vacilón Añejo 7 Años.
Sofort steigen mir die Aromen von Vanille, Orangen, Pfeffer und Schokolade in die Nase. Die ältere Version ist deutlich komplexer und dunkler als der kleine Bruder. Pur fand ich zwar den jüngeren attraktiver, aber im El Presidente. den ich mir schließlich noch mixe, ist das Zusammenspiel mit Wermut, Curaçao, Grenadine und Orangenzeste eine Sensation!
Karibik – ich komme!
Als Nächstes geht es nach Jamaika. Der Appleton Estate Rare Blend 12 Years, seit 1749 auf der Karibikinsel in Eichenfässern ausgebaut, ist die perfekte Steigerung. Hier hinterlassen das Alter und die steigende Komplexität einen spürbaren Eindruck. Dunkelgold im Glas hat er in den vergangenen Jahren mehrere Preise gewonnen. Süß, würzig, fruchtig, leicht feurig im Abgang – dieser Rum ist sehr komplex. Als Sipper eignet er sich super, aber mit etwas frischem Limettensaft, sechs Minzblättern und etwas Zuckersirup eröffnet er als El Draque den wahren Genuss. Karibik – ich komme!
Aber jetzt ab nach Mittelamerika. Aus Venezuela stammt der Botucal, ein Spitzenrum aus Melasse und Zuckerrohrhonig. Das Aroma ist sehr komplex und vielschichtig. Eine anfangs samtig weiche und intensive Kombination aus Süße, Gewürzen und Nüssen geht langsam in Schokolade, Vanille und kandierte Früchte über. Wahnsinn! Ich greife mir ein Stück Butterkuchen – die Kombination ist perfekt und ich gönne mir auch noch eine Kugel Vanille-Eis dazu. Die insgesamt 23 Auszeichnungen in den vergangenen 17 Jahren – sie sind verdient!
Finale grande
Zu den Neuheiten gehört seit 2012 der Don Papa von den Philippinen. Hergestellt auf der Zuckerinsel Negros ist dieser Rum sieben Jahre alt, beinahe sirupartig schwer, süß, würzig und komplex – und aktuell eine der beliebtesten Rumsorten in Deutschland. Der Don Papa lässt sich als Sipper oder on the rocks pur trinken und sich auch gut mixen ... Trotzdem irgendwie schade. Denn pur steigen die Noten von Vanille, Honig, Rosinen und Holz eben noch einen Ticken besser aus dem Glas.
Als letzten Rum des Tages gieße ich mir den Ron Zacapa 23 Solera ein, einen Premium-Vertreter aus Guatemala. Das Solera-System ermöglicht hier durchgehend hohe Qualitäten – dabei werden unterschiedliche Fässer mit einer Lagerungszeit zwischen 23 und 7 Jahren miteinander kombiniert. Ausgebaut in Bourbon- und mit einem Finish in spanischen Sherry-Fässern ist das Resultat eine wahre Geschmacksbombe: Vanille, Dörrobst, Karamell, Mandel, Nougat und Schokolade, samtig weich und vollmundig. Mit diesem Rum ist der Abend für mich an seinem Höhepunkt angekommen.
Mein Fazit: Ich hab’ verstanden, warum Rum wieder voll im Kommen ist. Er ist wahnsinnig komplex, verfeinert Cocktails, passt als Speisebegleiter oder Digestif. Mein Tipp: Einfach auch mal rumprobieren. Es lohnt sich …