Neuer Wein, Bitzler, Sturm
(Be-)rauschender Traubensaft
Federweißer ist Vorbote der ersten Herbstanzeichen und versüßt uns jedes Jahr aufs Neue die goldene Jahreszeit. Doch was genau verbirgt sich hinter dem leckeren Rebensaft? Federweißer – das ist teilweise vergorener Traubenmost, dessen alkoholische Gärung gerade erst begonnen hat und der noch keiner Filtration unterworfen war. Grundsätzlich werden als Federweißer alle Zwischenstufen vom weißen Traubenmost bis zum fast durchgegorenen Jungwein bezeichnet. Nach Abschluss der Gärung wird er Weißwein genannt. In Deutschland unterscheiden wir zwischen Federweißem, welcher aus weißem Traubenmost hergestellt wird, und Federrotem, aus rotem Traubenmost.
Viele Namen, eindeutiger Genuss
Neuer Wein, Bitzler, Rauscher nennt man ihn unter anderem in Deutschland. Doch in vielen Teilen Europas hat er weitere Bezeichnungen. In Österreich wird er Sturm genannt, in Italien vino nuovo (dt. neuer Wein), in Frankreich vin bourru (dt. mürrischer Wein), in Tschechien burčák (bouře = dt. Sturm), in Luxemburg Fiederwäissen. Er hat viele Namen, doch eines hat er in allen Ländern gemeinsam: er gärt und bitzelt auf der Zunge. Daher nehmen all seine Namen häufig Bezug auf die Farbe oder auf Empfindungen auf der Zunge, im Kopf oder im Verdauungsbereich. Das Wort Federweißer ist allerdings auf die enthaltene Hefe zurückzuführen, deren Flocken wie winzige Federn durch das Glas tanzen.
Wie entsteht der neue Wein?
Jedes Jahr im Frühherbst ist es wieder so weit. Wenn die Nächte kühler und die Blätter bunter werden, beginnt die erste Weinlese. Aus früh reifenden Rebsorten wie Bacchus, Ortega oder Siegerrebe, wird dann gezielt Federweißer für den Konsum hergestellt. Manche Großproduzenten greifen sogar auf Most aus Südeuropa zurück. Mit Vorrücken des Herbstes können alle weiteren Rebsorten verwendet werden. Im Traubenmost beginnt die von Natur aus enthaltene oder zugesetzte Hefe, abhängig von der Lagertemperatur, schnell zu gären. In den Trauben befinden sich die beiden natürlichen Zucker Glucose und Fructose. Im Gärprozess werden diese in Alkohol und Kohlensäure gespalten.
Wenn der Traubensaft zu rauschen beginnt
Kohlensäure und Hefe sorgen dafür, dass der Federweiße seinen vielfältigen Namen alle Ehre macht. Federweißer rauscht und blubbert im Glas – und auf der Zunge. Anfangs schmeckt der Rebensaft spritzig und süß, fast wie Traubenlimonade. Der zu Beginn enthaltene Zucker kaschiert dabei den bereits entstandenen Alkohol, sodass man ihn kaum schmeckt. Lässt man Federweißer bei Zimmertemperatur stehen, wird er nach und nach herber. Idealerweise trinkt man Federweißen auf halbem Weg vom Traubensaft zum Wein, wenn sich Süße, Alkohol und Fruchtsäure in guter Balance befinden. Zu diesem Zeitpunkt weist er einen Alkoholgehalt von etwa 5 Vol.-% auf. Am besten stellen Sie ihn jetzt in die Kühlung, denn Kälte verlangsamt den Gärprozess.
„Handle with care“
Beim Handling der Flaschen ist Vorsicht geboten: Die Gärung des neuen Weins schreitet bei Zimmertemperatur voran. Viele im Handel erhältliche Flaschen sind mit einem luftdurchlässigen Deckel versehen, aber nicht alle. Der Flaschendeckel sollte jederzeit minimal geöffnet sein und die Flasche sollte daher nicht gelegt werden.
Die Zeit für leckeren Federweißer ist begrenzt. Je nach Beginn der Weinlese wird frischer Federweißer von Anfang September bis Ende Oktober angeboten. Bedingt durch die schnell fortschreitende Gärung lässt sich Federweißer nur kurz lagern, nach einigen Tagen sollte er aufgebraucht sein.
Zwiebelkuchen & Federweißer – wie die Faust aufs Auge
Auch, wenn Federweißer süß ist, der prickelnde Genuss passt hervorragend zu kräftigen, herzhaften Speisen. Eine klassische Kombination ist Federweißer mit Zwiebelkuchen. Ob der deftige Schmaus aus Baden, Rheinland-Pfalz, Sachsen oder der Schweiz stammt, ist dabei Nebensache – Hauptsache lecker!