"Wir sind Künstler am Glas!"

Christian Ortiz weiß, worauf es beim Cocktailmixen ankommt

dummy Gäste möchten nicht nur gute Drinks, sondern auch Entertainment

Wer unsere Messen besucht, kennt Christian Ortiz, Bartender am CHEFS CULINAR Bar-Stand, bestimmt. Zusammen mit seinem Vater Armando mixt der 25-Jährige kreative Drinks und sorgt mit seinen spektakulären Effekten für viele begeisterte "Ahs" und "Ohs". Das Know-how von Vater und Sohn, die einen familengeführten Catering-Service namens Mabuhay Barcatering in Berlin besitzen, ist schier unbegrenzt, sind beide doch seit vielen Jahren Profis in der Barkultur. Im Interview verrät uns Christian Ortiz, was seinen Beruf auszeichnet, wie man sich weiterentwickelt und was Gäste wirklich zum Staunen bringt ...

Christian Ortiz lebt und liebt seinen Beruf hinter dem Tresen Christian Ortiz lebt und liebt seinen Beruf hinter dem Tresen

CHEFS CULINAR: Was ist der Unterschied zwischen einem Bartender und einem Barkeeper?

Christian Ortiz: Ein Bartender ist eine Person hinter der Bar, die sich ausschließlich darauf konzentriert, sich mit dem Gast zu beschäftigen. Zu seinen Aufgaben zählen: Drinks zubreiten, Gastgeber sein und den Service bestens zu kennen. Ein Barkeeper ist darüber hinaus der Inhaber der Bar. 

CHEFS CULINAR: Welche Voraussetzungen sollten Interessierte für den Beruf des Bartenders mitbringen?

Christian Ortiz: Eigentlich sind die Voraussetzungen für einen Bartender, Showtender oder Barkeeper dieselben. Die Bar ist eine Bühne und der Gast erwartet, dass nicht nur der Drink lecker schmeckt, sondern dass er auch unterhalten wird. Letztendlich schlüpft ein Bartender in verschiedene Rollen: Wir sind Zuhörer, Psychologen, Streitschlichter und Entertainer. Flexibilität und eine gewisse Belastbarkeit spielen in unserem Beruf ebenfalls eine wichtige Rolle. Bartender arbeiten abends und nachts, manchmal liegen bis zu 20 Bons auf dem Tresen und wir müssen pausenlos shaken. Das ist nicht nur für den Kopf eine Herausforderung, sondern auch für den Körper. Ein hohes Interesse daran, sich weiterzuentwickeln und neue Trend zu setzen, sollten auch vorhanden sein.

CHEFS CULINAR: Wie bist du Bartender geworden?

Christian Ortiz: Während des Studiums und der Schulzeit jobben viele junge Menschen in Cafés, Bars oder Restaurants. Als ich in der Bar von meinem Vater gearbeitet habe, ist meine Leidenschaft für das Cocktailmixen entstanden. Danach bin ich für eine Zeit nach Kanada gegangen, wo ich eine noch viel stärkere Affinität zur Barkultur entwickelt habe. Wärend meines BWL-Studiums bin ich immer wieder in die Gastronomie zurückgekehrt. Irgendwann stellte sich mir die Frage: Büro oder Bar? Und ich habe mich für die Bar, die Bühne, entschieden. Dabei bekomme ich sehr viel vom Gast zurück: ein direktes Feedback, ein Lächeln oder einen Kommentar zum Drink. Das mögen nur Kleinigkeiten sein, die den Beruf aber besonders machen.  

CHEFS CULINAR: Du warst im Ausland. Gibt es in der Bar-Szene einen Unterschied zu Deutschland? 

Christian Ortiz: Die Barkultur, und auch der Job als Bartender, ist im Ausland viel höher angesehen als in Deutschland. Hier gibt es keine klassische Ausbildung, wie bei einem Bankkaufmann zum Beispiel. Im Ausland hingegen dauert die Ausbildung 2 Jahre. Wer in Kanada als Bartender arbeitet, hat ein gewisses Standing. Auch die Bereitschaft bei Gästen, für einen qualitativ hochwertigen Drink 20 Dollar zu bezahlen, ist größer als in Deutschland. Allerdings beobachte ich, dass die Barkultur in Deutschland mit Städten wie Berlin und Stuttgart einen höheren Stellenwert bekommt.  

CHEFS CULINAR: Also ist Bartender kein staatlich anerkannter Beruf? 

Christian Ortiz: Es gibt Barschulen, an denen man IHK-zertifizierte Schulungen zum IHK Bartender machen kann. Aber nicht jeder angesehene Bartender, der in einer angesagten Bar arbeitet, hat einen Barmeister in der Tasche. Wer weiterkommen möchte, arbeitet in verschiedenen Lokalitäten und trifft dort auf neue Gäste und deren Cocktailwünsche. Diese gilt es neu zu interpretieren, sodass Bartender immer wieder dazu lernen. Natürlich ist auch der Besuch des Wochenmarkts essentiell. Ein besonderes Augenmerk lege ich auf Produkte, die gerade Saison haben. Im Ausland setze ich mich in verschiedene Bars und gucke, wie dort gearbeitet wird. Wieso shakt der Bartender 3 Sekunden länger, als er eigentlich sollte? Wieso rührt er im Rührglas nur mit 3 Eiswürfeln und nicht mit 10? Beim Zuschauen kann ich viel lernen – das ist wichtig.

CHEFS CULINAR: Worauf sollten Bartender beim Experimentieren achten? 

Christian Ortiz: Man sollte seine eigenen Interessen und Vorlieben in einen Drink miteinfließen zu lassen, muss aber trotzdem berücksichtigen, was sich der Kunde wünscht. Ich darf den Gast gerne herausfordern, aber ihn nicht mit zu vielen Zutaten oder komplexen Homemade-Geschichten überfordern. Weniger ist oft mehr. Trotzdem möchte der Gast Abwechslung. Er will nicht nach 10 Jahren dieselbe Cocktailkarte in den Händen halten, sondern möchte durch kleine Show-Effekte entertaint werden. Ein Drink mit schöner Garnitur, gesmoked oder parfümiert – alle diese Highlights, die Gäste nicht in jeder Bar sehen, haben einen tollen Unterhaltungswert.

Ein Bartender ist Zuhörer, Psychologe, Streitschlichter und Entertainer zugleich.

Christian Ortiz