Moderne Getränkekarte
Alles auf eine Karte
Moderne Getränkekarten sind stylish, kreativ und klar strukturiert – vor allem sollten sie die Gäste nicht überfordern. Vielmehr gilt: Keep it simple!
Es sind überwiegend Ausflügler, Spaziergänger und Urlauber, die in Anni’s Café einkehren. Kein Wunder, denn das kleine Bistro in Hoppegarten, unweit der berühmten Pferderennbahn, liegt idyllisch am Haussee direkt vor den Toren Berlins – ideal also für gestresste Städter, die es ins Grüne zieht. „Unsere Klientel ist homogen“, erklärt Anja Steckmann-Habicht, die nicht nur das Café, sondern auch das dazugehörige Hönow Hotel gemeinsam mit ihrem Mann Marco betreibt. Die Steckmanns haben das Haus aufwendig renoviert und servieren neben Kaffee und Kuchen heute auch kleine Speisen und vielerlei Getränke. Eine besondere Herausforderung war das Erstellen der Getränkekarte – gut, dass ihnen mit Beverage-Experte Robert Wiese ein erfahrener Fachberater von CHEFS CULINAR zur Seite stand.
Klein aber fein
„Wichtig war uns bei den Weinen eine Ausgewogenheit zwischen guten Flaschen-, aber auch offenen Weinen“, sagt Anja Steckmann-Habicht. „Offen trinken unsere Gäste am liebsten.“ Außerdem sollte die Karte auf keinen Fall überfrachtet werden. „Das ist die ideale Strategie für Häuser dieser Größe“, erklärt Robert Wiese. „Wer ein kleines Restaurant besitzt, muss keine umfangreiche Karte vorweisen. Große Restaurants hingegen mit internationalem Publikum können eine andere Strategie fahren.“ Und so werden heute in Anni’s Café drei offene Weiß- und drei offene Rotweine angeboten – bei den Flaschenweinen vier weiße, vier rote und zwei Rosés, dazu ein Sekt. Preislich liegen die Tropfen zwischen 23 und 33 Euro. „Das ist wichtig“, sagt Robert Wiese. „Der Gastronom muss immer etwas für den Einstiegsbereich um die 20 Euro anbieten. Daneben braucht man aber auch etwas teurere Weine. Zwar ist die Chance gering, in einem Mittelklasse-Restaurant jeden Abend teure Weine zu verkaufen, wenn aber Festivitäten anstehen, wie Geburtstage, Weihnachten oder Silvester, trinken die Leute anders.“ Heute wird bei den Getränkekarten auch verstärkt auf Kreativität geachtet. „Das spüren wir insbesondere bei den Aperitifs“, erklärt Sandra Löhrius, Restaurantleiterin und Beverage-Managerin im Restaurant Seaside in Bad Saarow am Scharmützelsee. Also warten auf Gäste unter anderem der Gin Cinnamon, ein Cranberry-Rosmarin-Spritz oder ein Belsazar Rosé on the rocks. „Natürlich haben wir auch Klassiker wie Aperol Spritz oder den Hugo im Angebot, aber die schreiben wir gar nicht auf die Karte, sondern bieten sie mündlich an. Wir wollen so einen Überraschungseffekt erzeugen.“
Der Saison anpassen
Sandra Löhrius setzt auch klar auf Saisonalität. „Im Frühling und Sommer stehen bei uns andere Getränke auf der Karte als im Winter. Wenn die Gäste aus dem Urlaub im Süden zurückkommen, wollen sie bei der Getränkeauswahl Erinnerungen wachrufen“, so die Expertin. „Tatsächlich gilt es, sich der Jahreszeit anzupassen“, findet auch Robert Wiese. „Wenn es wärmer wird, kommt zum Beispiel ein Einleger für die Getränkekarte mit klassischen Sommerdrinks gut an. Wenn der Gast die Speisekarte aufschlägt und auf der linken Seite sieht, was der Küchenchef empfiehlt, hat sich der Kunde bestenfalls nach wenigen Minuten entschieden und braucht gar nicht mehr die Karte zu studieren.“
Das Design muss stimmen
Darüber hinaus sollte die Getränkekarte auch optisch überzeugen. Was das Design angeht, ist sie im Seaside – wie das Interieur des Restaurants – in martimem Chic gehalten. Eine an den Charakter des Lokals und der jeweiligem Region angelehnte Gestaltung empfehlen auch die Berater von CHEFS CULINAR, die Gastronomen deutschlandweit zur Seite stehen. „Wenn es sich um eine eher ländliche Gastronomie handelt, finde ich es schön, wenn die Karte als Tischset daherkommt“, sagt Robert Wiese. Für rustikale Einrichtungen mit Bierbänken sei ein Klemmbrett ein toller Hingucker. „Bewegen wir uns in der Sternegastronomie, eignet sich eine Klappkarte mit Ledereinschlag.“ Was den Aufbau angeht, sollte die Getränkekarte die klassische Reihenfolge beachten: zuerst Aperitifs, dann alkoholfreie Getränke, Biere, Wein, Sekt, Champagner, Spirituosen, Heißgetränke. „Eine Speisekarte fängt ja auch mit der Vorspeise an und endet mit Desserts“, sagt Robert Wiese. Innerhalb der Weine empfehlen die Berater, diese nach Herkunft zu sortieren. „Wenn der Gast einen Blick in die Karte wirft und den Aufbau verstanden hat, dann ist es für ihn viel einfacher, eine Auswahl zu treffen“, sagt Robert Wiese. Zu guter Letzt darf die Getränkekarte natürlich auch Gimmicks wie zum Beispiel QR-Codes enthalten. „Die Möglichkeiten gehen hier weit über digitale Menüs hinaus“, sagt Robert Wiese. „Sie können auch zu Landing Pages mit weiteren Infos über Getränke auf der Karte führen.“ Aber auch hier gilt: den Gast nicht überfordern – keep it simple!
Die 8 goldenen Regeln für Getränkekarten
1. Das Auge trinkt mit
Passen Sie die Optik Ihrer Getränkekarte dem Ambiente Ihres Restaurants an. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Schaffen Sie einen echten Hingucker!
2. Vier Jahreszeiten
Frühling, Sommer, Herbst und Winter – achten Sie auf Saisonalität. Passen Sie Drinks den Jahreszeiten an, bieten Sie entsprechende Aktionen oder gestalten Sie ansprechende Saisonkarten.
3. Auf die Herkunft achten
Sortieren Sie Ihre Weine nach Ländern. Am Anfang sollte das Land stehen, aus dem es die meisten Weine gibt. Die nächste Kategorisierung erfolgt schließlich über die Rebsorten.
4. Für jeden Geldbeutel
Ein preiswerter Wein für den Einstiegsbereich sollte nicht fehlen, dieser kann bei etwa 19 Euro liegen. Für besondere Anlässe sollten aber auch teurere Tropfen auf der Karte stehen.
5. Die richtige Reihenfolge
Zuerst Aperitifs, dann alkoholfreie Getränke, Biere, Wein, Sekt, Champagner, Spirituosen, Heißgetränke – passen Sie Ihre Getränkekarte immer der Speisenfolge an.
6. Erhöhen mit Augenmaß
Preiserhöhungen müssen manchmal sein. Lassen Sie hierbei aber keine Willkür walten, analysieren Sie gut und holen Sie Ihre Mitarbeiter mit entsprechenden Schulungen ins Boot!
7. Überraschen Sie
Seien Sie vor allem bei Aktionen kreativ. Überraschen Sie Ihre Gäste mit Neuem. Die Klassiker, insbesondere bei Aperitifs und Cocktails, müssen nicht zwangsläufig auch auf der Karte stehen.
8. Nicht übertreiben
Die Positionen auf der Karte – insbesondere beim Wein – sollten der Größe Ihres Betriebs angepasst sein. Kleine Lokale: 10–20 Weine, große Restaurants: bis zu 120 Positionen.