Lebensmittelsicherheit meistern

Die 6 wichtigsten Themen für Ihren Betrieb

Das Thema Lebensmittelsicherheit ist facettenreich, herausfordernd und letztendlich komplex geworden. Dabei ist es von essenzieller Bedeutung, um nicht nur die Gesundheit von Gästen, Bewohnenden und Patientinnen sowie Patienten zu schützen, sondern auch die Existenz und Reputation des Betriebs langfristig zu sichern.

Wer meint, mit ein paar Checklisten rechtlich abgesichert zu sein, der irrt. Was zu Beginn des „HACCP-Zeitalters“ im Jahr 1997 und viele Jahre danach noch gängige Praxis war, reicht heute bei weitem nicht mehr. Neue Regelungen und Richtlinien erfordern eine kontinuierliche Anpassung der Arbeitsweisen. Erfahren Sie hier, welchen sechs Schlüsselthemen Sie in Ihrem Betrieb aktuell besondere Beachtung schenken sollten. 

1. HACCP Konzept

Haccp-Konzept

Ein HACCP-Konzept (Hazard Analysis and Critical Control Points) ist seit 1997 vorgeschrieben, jedoch ist es häufig in der Praxis nicht mehr aktuell, manchmal ist es lückenhaft und manchmal fehlt es komplett. Die Anforderungen daran haben sich zudem in den letzten Jahren deutlich verändert. Was macht also ein zeitgemäßes HACCP-Konzept aus, das den rechtlichen Anforderungen auch künftig genügt?

Wichtig ist hierbei zunächst zwischen dem EU-Recht und dem vereinfachten Konzept und dem flexiblen Ansatz nach EU-Leitfaden zu unterscheiden, um die umzusetzenden Vorgaben korrekt ableiten zu können und die richtigen Prioritäten zu setzen.

Auch der Aufbau einer Gefahrenanalyse hat sich weiterentwickelt. Hier gibt es Vereinfachungen, so ist zum Beispiel eine Risikobewertung in vielen Fällen nicht mehr erforderlich. Ebenso schreiten Digitalisierungsprozesse immer weiter voran und bieten Alternativen zur analogen Nachweisführung. Doch nicht für jedes Unternehmen ist die digitale Variante die bessere Wahl – Vor- und Nachteile sollten immer abgewogen werden und zurzeit hält nicht jede HACCP-App das, was sie verspricht. Es macht keinen Sinn, eine HACCP-App zu verwenden, die bei genauerer Prüfung keine rechtskonforme Lösung bietet.

2. PRP-Konzept

PRP-Konzept

Wer in der Großküche einer Care-Einrichtung arbeitet, sollte wissen, was sich hinter „PRP“ verbirgt: Prerequisite Programs. Das sind Grundvoraussetzungen, die eine Großküche erfüllen muss, um die Produktion sicherer Lebensmittel gewährleisten zu können. Sie wurden erstmals 2016 in einem EU-Leitfaden beschrieben und 2020 in einem EU-Leitfaden erweitert und konkretisiert. Gefährdungsanalysen für PRPs bedürfen nach dem EU-Leitfaden eines bestimmten Aufbaus.

Ein umfassendes PRP-Konzept sollte alle notwendigen Voraussetzungen für eine sichere Lebensmittelproduktion berücksichtigen und es sorgt dafür, dass alle wichtigen Aspekte im Blick sind und mit einer Verantwortlichkeit benannt worden sind. Dazu gehören unter anderem bauliche und technische Aspekte, Lüftung, die Qualifikation und Hygiene von Mitarbeitenden, Reinigung und Desinfektion, die Lebensmittelauswahl bis hin zur Kommunikation mit Kunden und Behörden. 

3. Lebensmittelsicherheitskultur

Lebensmittelsicherheitskultur

Die europäische Lebensmittelhygiene-Verordnung 852/2004 wurde 2021 um eine weitere Anforderung ergänzt: Lebensmittelunternehmen (z. B. Kliniken, Senioreneinrichtungen, Schulcaterer, größere Hotels) müssen im Rahmen einer Lebensmittelsicherheitskultur beschreiben, wie die Verantwortlichkeiten für die Lebensmittelsicherheit bei ihnen geregelt sind. Betroffen sind davon alle Ebenen von der Geschäftsführung bin hin zu den Beschäftigten.

Wichtig ist daher, die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Funktionsbereiche und Hierarchieebenen zu benennen und nachweisbar zu dokumentieren. Einige Verantwortlichkeiten für die Ebenen Geschäftsführung und Küchenleitung sind dabei schon rechtlich vorgegeben. Eine Verantwortlichkeiten-Matrix in Verbindung mit Flussdiagrammen bieten eine optimale Visualisierung.

Ein weiterer Impuls: Das Erstellen von betrieblichen Regelwerken in Form von Arbeitsanweisungen. Dadurch werden Organisationspflichten umgesetzt und die Mitarbeitenden in die Mitverantwortung gebracht. Wichtig ist dabei, dass diese Regelwerke den Mitarbeitenden bekannt gemacht werden und im Rahmen von Aufsichtspflichten überprüft wird, inwieweit die Arbeitsanweisungen auch wirklich eingehalten werden.  

4. EU-Zulassung

Rückstellproben

Großküchen, die andere Betriebe beliefern, brauchen ab einer bestimmten Größenordnung eine EU-Zulassung. Die Betriebe sind in der Pflicht, selbst prüfen, ob sie in der Zulassungspflicht liegen oder nicht. Für die Erlangung der EU-Zulassung sind bestimmte gesetzliche und formale Kriterien wie unter anderem bauliche Anforderungen an die Räumlichkeiten, Hygieneschleusen, ein rechtskonformes HACCP-Konzept oder mikrobiologische Eigenkontrollen zu erfüllen.

Hierzu ist es wichtig, sich mit den Zulassungsbehörden rechtzeitig abzustimmen, denn jedes Bundesland hat andere Vorgehensweisen und Anforderungen an eine EU-Zulassung definiert. Beim Zulassungsprozess können jedoch potenzielle Zulassungshindernisse auftreten. Für einen reibungslosen Vorgang empfiehlt sich daher, sich bereits im Vorfeld die Zulassungsbehörde zu kontaktieren und sich mit dem Zulassungsverfahren und den Anforderungen auseinanderzusetzen. 

5. Rückstellproben

Rückstellproben

Neben Temperaturnachweisen sind Rückstellproben das zweite produktbezogene Beweismittel, das ein Betrieb zur Eigenkontrolle und im Infektionsfall zur Haftungsabsicherung zur Verfügung hat. Trotz der Wichtigkeit von Rückstellproben stellen wir in der Praxis immer wieder Mängel fest, die den Betrieb die Beweisfähigkeit kosten könnten.

Auf was kommt es also bei Rückstellproben an? In Leitlinien und einer DIN-Norm sind unter anderem das Gewicht der Proben, der Zeitpunkt, die korrekte Beschriftung und Dokumentation sowie die Aufbewahrungsdauer beschrieben. Um diese einheitlich festzulegen, empfiehlt sich die Erarbeitung eines Rückstellprobenkonzeptes. Nur so kann eine effektive Rückverfolgbarkeit gewährleistet werden.

Und wenn tatsächlich ein Infektionsfall eintritt? Auch hierfür empfiehlt es sich, Zuständigkeiten, Vorgehensweisen und eine sichere Handhabung der Rückstellproben bereits im Vorfeld festzulegen, damit Rückstellproben vom Labor auch passgenau untersucht werden können und damit die Rückstellproben auch wirklich als Beweismittel taugen.

6. Hygieneschulungen

Hygieneschulungen

Manche Betriebe sehen Hygieneschulungen als lästige Pflicht. Doch als Bestandteil der unternehmerischen Sorgfaltspflichten sind sie nicht wegzudenken. Zudem bergen gutgemachte Schulungen Chancen, dass der Betrieb besser abgesichert ist und die Beschäftigten mehr über ihre Pflichten und Eigenverantwortungen informiert sind.

Für die Gestaltung eines gewinnbringenden Schulungskonzeptes ist eine klare Vorgehensweise nötig. Zum einen geht es um Themen, die behandelt werden sollten (zum Beispiel Grundlagen der Hygiene und Mikrobiologie, Temperaturen, Rückstellproben), zum anderen gehört die Umsetzung in der Praxis dazu, denn Wissen alleine reicht nicht! Hier kommen die Arbeitsanweisungen ins Spiel, die Teil der Lebensmittelsicherheitskultur sind.

Neu hinzugekommen sind Anforderungen an das Thema Erfolgskontrolle, über die sich Betriebe nun ebenfalls Gedanken machen müssen, wollen sie auf dem aktuellen rechtlichen Stand bleiben. Es reicht oftmals nicht aus, für die Schulungen externe Anbieter zu beauftragen und Standardschulungen in Anspruch zu nehmen.

Sie sehen: HACCP, PRPs, Rückstellproben und Co. sind keine isolierten Maßnahmen, sondern greifen wie Zahnräder ineinander. Nur wenn alle Schlüsselthemen konsequent umgesetzt werden, lässt sich ein Höchstmaß an Lebensmittelsicherheit gewährleisten – eine Verantwortung, die in Hotellerie, Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung nicht unterschätzt werden darf. Denn der Schutz der Gesundheit ist ein Grundrecht, das im Grundgesetz verankert ist – das vergessen viele, wenn sie das Thema Hygiene als nicht so relevant erachten. 

Meine 6 Online-Module setzen genau hier an: in jedem der 2-stündigen Online-Kurse beleuchten wir jeweils eines dieser Themen kompakt. Sie erfahren wertvolle Informationen zu aktuellen Regelungen und erhalten Tipps, wie Sie die Maßnahmen erfolgreich in Ihrem Betrieb umsetzen können. Sie möchten sich auf dem aktuellen Stand zu den Schlüsselthemen halten? Dann melden Sie sich gern zu den Seminaren an (siehe Link in der Box). Ich freue mich auf Ihre Teilnahme! 

Unser Autor Stefan Vornehm
Über unsere Autoren
Stefan Vornehm

Seit 1997 gibt Stefan Vornehm zu den Themen EU-Zulassungen, HACCP, Hygiene- und Qualitätsmanagement sein Wissen in der CHEFS CULINAR Akademie weiter. Seine Palette reicht von Inhouse-Schulungen zur Lebensmittelhygiene-Verordnung und Belehrungen nach Infektionsschutzgesetz über Seminare und Fachvorträge bis hin zur Ausbildung von HACCP- und Hygienebeauftragten.